[I] Johnny begleitet Frau Baum durch Rosenalleen in den Tod. In Bögen von Dornen wächst der Vortex über den Kies
mit jedem Schritt;
die Spirale wartet auf ihr Ende.
Sie dreht sich zu ihm, und flüstert
sein Wort
er steht an der Zweigung und durchgräbt den Kies mit seiner
Unentschlossenheit.
Als er sich umdreht
küsst der Wind Asche auf einem Rollstuhl.
Sein Mund bleibt offen stehen
wie das verrostete Garagentor eines alten Mannes,
der schon lange nicht mehr fahren darf.
Er selbst bleibt stehen in Stein und
tritt heraus aus sich selbst:
Johnny am Friedhof,
wischt den Staub
vom Todestag eines Grabsteins
ob die Leute damals anders litten?
[II] Wind
steht auf und
wischt den Staub
von einsam vernachlässigten Blättern in Alleen und Wäldern.
Die Hand Gottes
putzt meine Nase,
und streichelt mit dem Rücken über Baumkronen.
Die Straßen zerkrümpfeln wie Pappmaché unter ihrer Hornhaut.
Das Lächeln Morganes über den Spitzen der Jura
glitzernd wie Alu und weiß wie Papier.
Sie trägt keine Sorge in ihrer Haut sonnenglatt wie Oliven
doch zeigt den Finger schlicht herunter:
der See,
der marineblau den Himmel in sich zieht.
Steve steht alleine
Brille zertreten getrübt von Staub wie Wangen von Tränen
im Schilf. Es ist heiß.
Kippt einen Eimer Zeit über seinen Kopf wie Wasser,
dreht sich in zuckenden Kreisen. Mit ihm
die Nadel.
Wie ein Kompass
das Metronom
der steckengebliebene Sekundenzeiger von Sucht,
pendelt aus seiner Wade.
Eine Gebirgskette
reißt sich auf
und Urin tröpfelt an meinen Schuhen in Schlucht endloser Leere.
Flugzeug,
das Dröhnen schwerer in meinen Ohren
als
die Träne auf deiner Wange
als sie mich holten,
fliegt tief beladen mit
dem Groll eines Volkes.
Ich höre es dumpf wie Sturmflut aus einem U-Boot.
Ein kalter Luftzug
küsst die Lippen
[III] Laufen entlang verlassener Schienen
ragen aus dem Horizont wie Zunge aus dem Rachen
nicht-endenden Verlangens dieser Erde;
stickiger Frost des Morgens
streichelt die Lungen.
Ein alter Mann
aschgrau eingesaugte Doggenwangen,
Nase getaucht in das verlegene Pink glühender Morgenröte wie
die eine Freude eines zugesoffenen Penners
frierend vor eisigen Einkaufsfenstern an Heiligabend
sieht mich?
Sieht mich nicht,
sieht mich.
Arme rudern wie
ihr abgestorbenes Motorboot auf salzigem Dunkel
als die türkische Küstenwache zirpend entsichert.
43? Frauen, Männer, Kinder.
Sein Schäferhund springt mich an, zurückgehalten von
unsichtbareren Fäden
Pushka, pushka! Prosìm! Die Bleiche seines Gesichts blendet
unter dem grellen Grau der Wolken,
rechte Hand zerkrampft den Magen
wie ein weggeworfenes Stück Papier
riecht zart nach Urin …telefon,
Wählt drei Zahlen, dreht sie um,
182, 128 … neben ihm
eine Rolle Toilettenpapier, 821 … 3! = 3×2×1
= 6 Möglichkeiten, 218!
… průjem …
falsche Leitung.
Der alte Mann versucht den Tod zu erreichen,
aber hat seine Nummer vergessen.
Spuckt Speichel wie Eingeweide
Würde es mir etwas ausmachen, wenn dieser Mann hier und
heute sein Leben lässt
wie einen Mantel an der Garderobe?
Der Hund will, dass ich gehe.
Aus dem Maulkorb flüstern Augen eine Träne.
186. Der alte Mann
hat erreicht, was er wollte
aber wo er ist, kann ihn keiner holen kommen.
Zeigt auf die andere Seite der Gleise
über die nur noch Wolken fahren.
Das Bahnhofsgebäude, älter als diese Welt
Fensterscheiben erblindet von Splittern.
Der Hund springt und reizt die Kette in der Luft so weit
dass sein Speichel meine Schenkel küsst. Ich helfe dem Mann auf
seine Beine – jau, jau, jau, jau …
Der Hund bleibt verlassen stehen in Stein
wie ein Golem
uns hinterlassen aus einer anderen Ära.
Sich versteckend vor Stalins Sonne
kriecht der Mann durch Kuppeln verstummter Waggons
liegengeblieben wie tickende Zeitbomben, warteten auf Asyl;
und wandert unter Gleisen
Der Zug glüht aus dem Horizont
wie die Kippe zwischen deinen Lippen.
Dreht mein Genick in seiner Brise
wie den Hals eines Rehes
beim Klicken der Flinte.
Und einzelne Bögen Toilettenpapier
gleiten sorgsam auf die Gleise wie Blätter auf den Teich.
Gesprungen auf den Güterzug dorthin,
wo Körper nur noch als Asche aufsteigen
›Aber die Zeiten haben sich uch jeändert, watt min Jung?‹
[IV] Mein Bruder schließt sich der Mafia an, um sozialen
Anschluss zu finden.
Sieht Kindheitserinnerungen getaucht in knallende
Wachsmalfarben
wie das Blut auf seinem Jackett.
›Da nahm ich sein Leid und …‹
stecke es in eine Schublade,
da muss ich es nicht sehen.
[Hat es jetzt noch einen Sinn?
… die Welt zieht sich zusammen
unter meinen Zehen, ich wollte das alles nicht …]
[V] Das warme Eindringen von Hinterhofsonne unter
Wellblech-verschmutzten Scheiben. Gott
sitzt an seinem Schreibtisch.
Zerkrümpfelt die Erde
und wirft sie in den Papierkorb.
Der Papierkorb ist voll.
Der Ladebalken am Monitor frisst stetig fort wie Ebbe und Flut.
Beißt seine Fingernägel, und schaut aus dem Fenster:
Über dem Feld liegt Abendsonne auf Heu wie Honig; Milch fließt
im dickflüssigen Bach,
in dem die Gesalbten luftschnappend ertrinken wie Teer.
Ob sie heute kommen werden?
Gott benutzt Windows 98.
Letztes Mal nahmen sie Sulamith
[VI] … Naja dann um diese Zeit sowieso war ich beschäftigt mit –
… der Bus trägt das knisternde Laub in seinem Wind wie Melodie
ihre Töne
die Straße vom Himmel noch getaucht in das schlafende
Tiefseeblau von 5 Uhr morgens –
vereinzelte Konturen gefurchter Stirne
treiben in den kalten Strömen von Kausalität in Büros und
Kleindieselwagen … Naja es war dann,
und ÜBERHAUPT dann,
dass – … der Moment,
kurz bevor ich auftauche aus farbloser Tiefe, Schlaf,
der mich noch zieht, und ich spüre wie ich schwebe
zwischen blassblau ausgebleichtem Himmel und dem Fall in das
Schwarz, das jeden Nanometer absorbiert
… und panisch anfange mit Paddeln des Verstands zu rudern,
keuchend zu schnappen nach Inseln von Gedanken; Licht. Decke.
Gitter. Meine zarte Haut blass wie Kinderscham.
Hinter einem Fenster ohne Griff winken die Blätter des Ahorns im
Wind.
Fraglos sitzend in Unterhosen auf der Matratze
ist es verschwunden.
›… ja und jetzt gehen Sie, bitte.‹ – ›Wie ich soll gehen UND
rauchen, zur gleichen Zeit?!‹ – ›…‹ – ›Ich bin doch nich … nich
multitasking-fähig‹ – ›… Madame, ich muss sie inständig
bitten-‹ – ›Des is ein Aberglaube, dass man gehen kann UND
rauchen zur gleichen Zeit‹
›Man darf hier nicht rauchen.‹ – ›Wie man darf hier nich
rauchen?‹ …
… verlassen allein
Donnerstagabend an der Ampel.
Wieso
zittert der junge Mann in der Pfütze denn so stark?
Ich überquere die Straße, und:
… meine Augäpfel von der Nacht noch so betäubt in die Höhle
meines Schädels gegraben wie
das unbenutzte Kondom
in die verlegene Tiefe meiner Hosentasche,
als …
Halt’s MAUL!
Sie sagte es so sanft.
… Und die Hintertüren des Bus öffnen sich,
wie ein Portal in eine andere Zeit,
oszillieren im Regen unter trübselig goldenem Laternenlicht
reflektiert in den Tropfen,
dass es so nah ist,
es kann kaum wahr sein …
[VII] [Sinatra spielt]
Die Streicher wiegen wie ein einsames Boot auf verlassener See.
Noch ein bisschen mehr und … in the wee small hours
ich kann nicht mehr zurückkommen … of the morning
Die Welt ist getaucht … while the whole wide world
wie Abendsonne in den Rost alten türkisen Lacks … is fast asleep
You lie awake. … ich wünschte, du könntest das sehen.
… and think about a girl
Der Winter ist kalt hier, Johnny
hat nach dir gefragt. That’s the time you,
miss the … Ich hab ihm gesagt, … most.
wir kommen bald nach Hause. of …
all.
Wenn ich das lese,
pflanzt du Kirschblüten auf meinem Grab. Jakob –
Der Kopf dreht sich sanft in der Brise, in einem Hauch
bricht der Wind mein Genick
Bitte,
ich will das nicht wissen.
und löst sie auf.
Die kühle Verdunstung von Schweiß auf meiner Kopfhaut