Anmerkung der Redaktion:
Ich sage: Ich habe keine Zeit. Und die nerven. Und ich streiche to-dos gar auf Steinen durch. Lirum larum, ich geh da rum. Ich habe hier auch schlechten Empfang. Lieber Christian, Grüße aus der Annaschlucht,
gezeichnet,
ein Redakteur
Christian Weiglein sagt über sein Werk: Ich denke nicht, dass man den etwas diffusen Begriff „Heimat“ verbrennen sollte, aber wenn man ihn nicht verbrennt, dann muss schon etwas drauf aufpassen und darf ihn nicht wehrlos der CSU oder sonst wem überlassen. Sollte man jetzt glauben, es handle sich um ein politisches Gedicht, dann möchte ich ehrlicherweise noch hinzufügen, dass es das eigentlich nicht ist oder zumindest unter meinen Händen nicht war.
Drei Hähne wachen am Gesäume
der edelfeuchten Tafelstube.
Verquellte Putze rieseln mürbe
die Hahnenkämme in den Raum.
Es näselt schweflig von den Wänden:
die Wirtin wäscht die Wachstapeten
geschichtsvergessen, schmiert Nikotin
in Farnenmuster, Lichtungen.
Vereinzelt ächzt auf Rodungswiesen
ein Blasenfresko, cellophangetäfelt.
Fröstelnd sinkt man hin
zur Rodung, Farn auf nassem Vlies.
Dies Loch im Wald heißt Tannendeutschland,
voll Schwefelschaum, voll Wachstapeten,
wo tabakbraune Gockel äsen,
schon moschusblütig, drüsenkrank.
Zum Beispiel Barteln oder sowas
verdrehten sich zu Bruch, gesetzt man
benetzte sie mit den Aromen
der Gockel – so gekräuselt auch dies:
Kapaunenkämme, fasrig und morsch
wie Federbüsche. (’s ist gut, Marie.)
Man träumt von Licht in Galerien
aus Farnen; sage nicht: Fackelmarsch.
Sondern denke: Lichtspiele am
Rand der Innenstädte, Rodungen
ihrer Fundamente, denke:
Alternativen zum Häcksler,
Anschlussverwendung männlicher Küken:
Hähne. Und in den Straßen: Nikotin.
So wäscht die Wirtin Wachstapeten,
dahinter bröckeln schon die Stücke
aus Wänden, mürbe Lücken, Kluft
in Tannendeutschland, Lichtungen fast.
Drei Hähne rascheln im Geäst
der Farne (… an euch krankt die Zukunft).