Imagina-
tion an der
Holzwand

Kilian Manger fiel zweimal durch die Foodsharing- Aufnahmeprüfung. Er macht Selfies. Wir trafen uns zu einem Gespräch im Innenhof der Weinstube Hallbleib, denn Kilian ist Publikumstexter in Lesung KLW no.1 im Standard 02/19 gewesen, sowie publizierter Schreiber in KLW no. 2 06/19.
Die KLW hatte ihm gegeben, was er brauchte – laut eigener Aussage.
Halbleib an der Wegekreuzung, der unbezahlte Praktikant (im folgenden als UP bezeichnet) wundert sich beim Verfassen dieser Zeilen, warum er ausschließlich an die scheidenden Geister gerät.

UP: Wurdest du zuvor in Deinem Leben interviewt?

KM: Ja. (Überlegt.) Im Winter diesen Jahres war das. Eine Masterstudentin befragte mich im Zuge ihrer Arbeit- „welche Medien nutzen junge Menschen um sich zu ökologischen Thematiken auf dem Laufenden zu halten“. Könnte man so sagen, ja.

UP: Wie fühlte es sich an als einziger Publikumstext bei Lesung No.1 vorzutragen? Und wieso der gleiche oder nahezu identische Text als Einsendung für Ausgabe Zwei?

KM: Aufgeregt war ich. Ich denke ich habe Spaß vor Menschen zu sprechen, vor allem wenn mich das Thema begeistert. Kabarettist wäre ich keiner, also wenn ich mir irgendwas ausdenken müsste.

UP: Stand-Up Comedian …

KM: Ja, oder sowas. Ich weiß noch wir waren im Zeltlager einmal mit dem Lagerfeuerdienst beauftragt…

UP: Lagerfeuerdienst?

KM: Dass man die Leute unterhält. Ich hatte keine Plan was zu tun war. Da stellt sich die Frage nach Inhalten. Wenn ich welche habe, ist es ein Nervenkitzel. Nach meinem Vortrag bei Lesung no.1 erhielt ich positive Rückmeldungen, zwei Menschen kamen auf mich zu, ihr wart auch von Anfang an sehr freundlich zu mir.

UP: Wie kam es dann zu dem fast identischen Text in Ausgabe Zwei?

KM: Im Standard las ich den Einführungstext zu meinem Dankpapier „Projekt Zeitschein“, welchen ich für die Druckausgabe Zwei abgewandelt habe. Es kamen mir dann die Ideen für die „was wäre wenn“- Fragen.
Nach der Lesung im Standard fuhr ich auf dem Rad nach Hause, war gut drauf, inspiriert. Ich hielt zwischenzeitlich an und notierte die ersten Sätze in mein Handy.

UP: Nun hatte Dein Projekt, Dein Ideenkonstrukt zu Geldreformen und -alternativen mitunter zu vehementen Ausbrüchen innerhalb der Redaktion(-ssitzung) geführt (08. Mai `19 im Freiraum, Anm. d. Red.) – Disputiert war die Frage „Sollte eine Literaturzeitschrift überhaupt jeglicher Idee ein Scheinwerferlicht schenken?“ … Deine Einschätzung, Kilian?

KM: Die Meinung, die Bewerbung bestimmter Themenfelder ist für eine Zeitschrift wie ihr sie macht früher oder später unumgänglich, und – wie Du bereits sagtest- handelt es sich lediglich um Geldreformen – ideen. Es gibt keine objektive Literatur, es gibt keine sachliche Berichterstattung; jemand kann getötet werden und die Medien zeigen das – wir sind uns darüber einig, dass ein solcher Akt der Tötung unmoralisch ist, aber …

UP: Du meinst Leute geben sich einer Illusion hin?

KM: Ja, genau. Wär auch nicht sinnvoll [auf Objektivität zu bestehen], ich will doch auch Meinungen, ich nehme doch keinen unwichtigen Text in eine Zeitschrift auf, damit ich einen unwichtigen Text darin stehen habe. Wie ihr das im Vorhinein auswählt, das halte ich für richtig. Das ist doch BILDUNG! (Klimax.)

UP: Gut, dann wäre das soweit besprochen. Was hältst Du von Entweder-Oder-Fragen? Und wie bewertest Du, dass diese Redaktion so gerne Gebrauch davon macht?

KM: Das sind doch Fragen mit denen man hauptsächlich sich selbst beschreibt. Ich weiß nicht wie ich ant- worten werde, wenn ich die Dinge oder Personen nicht kenne oder gleich schlecht finde.

UP: Ja oder Nein?

KM: Ja

UP: Eins, Zwei oder Drei?

KM: Eins

UP: Silas Dreier oder David Blatterspiel?

KM: Keine Ahnung, ich kenne die Menschen nicht

(UP schlägt KLW no.2 auf und zeigt Kilian die Seite „Mitwirkende“- Silas Dreier und David Blatterspiel sind Teil der Redaktion.)

UP: Das sind mir überstellte Redakteure.

KM: Ach scheiße. (blickt in die KLW vor sich und lacht)

Das Streicheln der Holzwand nahm ein Ende, das Klackern von Radschuhen auf Pflastersteinen war verhallt. Zuletzt hatte Kilian eine doch leise Vermutung zur Ursache der Entweder-oder-Fragen: KLW liest Boulevard.