Nach dem Unterricht sitze ich allein an einem Tisch im Innenhof und trinke ein unverschämt gutes Glas dunkles Distelhäuser.

Zu Beginn passiert nicht viel – auf der anderen Seite fallen ein paar Kerle auf, die lautstark auflachen; da ist eine junge Bedienung an ihrem Tisch die verwirrt dreinschaut. Sie schreibt etwas in ihren Block und ist sichtlich zufrieden wieder gehen zu dürfen. Ein Sonnensegel überspannt den Innenhof, in dem sich zwei Bars ihre Kunden teilen. Die Menschen an den Tischen sehen recht verschieden aus. Jung, alt, angesagt, weniger angesagt, gelangweilt, langweilig wie eine Gruppe Männer im mittleren Alter die Wein schlürfen.

Die etwas korpulentere Bedienung kommt an meinen Tisch, doch ich sage ihr, dass ich bereits etwas bestellt habe. Das war vor dem Bier. Mein Bier wurde serviert von der Dünneren, sie trägt dunkelpinke Turnschuhe (ob das beim Kellnern wirklich so praktisch ist?) und Hotpants. Der Anblick als sie geht gefällt mir – sie hat auch ein schönes, gleichmäßiges Gesicht – jedoch wünsche ich mir, ich dürfte ausmalen statt zwei schönen Beinen hinterherzustarren.

Ich glaube, seitdem ich hier bin, hat sich die Anzahl von allein sitzenden Typen, die Bier schlürfen verdreifacht. Am Nebentisch sitzt ein arabisch Anmutender mittleren Alters und schräg gegenüber eine deutsche Kartoffel Ende vierzig. Wir beobachten das Geschehen. Eigentlich sitze ich hier, weil ich dachte, ich kann jemanden überraschen die ich letztens erst kennengelernt habe, aber ich leg’s auch nicht hundertprozentig drauf an und bisher ist von ihr auch keine Spur. Da sitzt ein Typ mit einem Mädel an einer Wand weiter weg. Zwei identische Cocktails stehen auf dem Tisch. Sie erzählt etwas, während er sich mit den Händen die Backen hält. Sein Erstaunen hängt zwischen einem baldigen Gähnen und einem unbestrebten, herausgerutschten Heiratsantrag.

Währenddessen dämmert mir, dass die Zeit der Gedichte vielleicht an einem Ende steht und es ein Ding der Unmöglichkeit ist, jedweden Sachverhalt in Verse zu pressen. Vielleicht schon, vielleicht reizt mich das aber auch gerade einfach nicht mehr. Außerdem ist da nichts Falsches dabei, in diesem Innenhof zu sitzen, die Szenerie zu beobachten, die Oberfläche von Leuten zu betrachten und so zu tun, als wäre man Tapasbarkritiker oder Kolumnenschreiber. Auch wenn es nur für 30 Minuten ist. Wie wäre es, wenn ich eine Sammlung zusammentrage, zu jedem Café, jeder Bar, jeder Kneipe, jedem Club ein Text – „Würzburg an Stühlen, Tischen, Tanzflächen“, ausgewählte Kolumnen von Würzburgs neuem It-Boy, mit sengender Kritik und giftigen Kommentaren aus dem Rachen hochgezogen und ausgespuckt; die Würzburger Zeitungen würden sich um mich reißen, würden sich für mich zerreißen, damit ich meine Essays bei ihnen platziere.

Zwischengeschaltete Autoreninformation: Marco Bötsch, angehender It-Boy, wartet auf Anstellung als Hausmann, wird dafür meistens verlacht. Verlacht am liebsten die KLW und ihre Tagesordnung. Bittet die KLW-Führung zukünftig davon Abstand zu halten, seinen Namen in Interviews zu missbrauchen, aus Angst vor einem Personenkult.

Trinkt Frostschutz.

SCURR!