MAN
meldet sich zu Wort ohne Tat, zur wortlosen Tat wär ein jeder Weg zu weit! Einer von vermeintlich vielen, Bataille sagt doch, Schreiben ist das Gegenteil von Arbeit! Oder schrieb MAN’s auf?
Und fragt – wonach ein Leben riecht.
Daran erinnert MAN sich fast, wie ‚dein‘ Schweiß riecht. MAN sagt ja, Gerüche sind bombastische Schlüsselreize. Fast, das heißt versucht daran. MAN nehme den Versuch als nachgetragenes Geständnis, aus Tat wird wieder Wort, und Ereignis wird Bedeutung. Aber wer will sowas hören? Zu wem reden? ‚Dein‘ Schweiß, kein schmutziges Geheimnis. Erfahrung kann, wird sie zu körperlich, nicht mitgeteilt werden, und dabei denke MAN nicht an die Unzulänglichkeit der Sprache, trügerische Metaphorik, und peinliche Versuche, sinnliche Wirklichkeit abzubilden. Sondern an Tabu und Comfortzone, denke MAN will sie nicht mitteilen. „Dein Katerschweiß am dritten Tage nagelte mich aufs Kreuz.“ Trotzdem geisterhafte Stimmen zuletzt lauter rufen, Alles ist Körper, bespielt das Leben den Geist. [Das Leben der Maschinen ist kein Leben sondern Lieben.] Schließt MAN sich nach dem Stell-dich ein, will MAN vielleicht nie wieder raus, obwohls die letzte Zeit sowieso nicht erlaubt war, sich zu küssen. Im Stillen liebt MAN wohl, das nicht zu müssen. – Halt, bist du ein Mensch?
MAN hoffe nicht, und zu hoffen ist wenig, denn Sein = Machen und nichtmal in Not wendigerweise mit Denken gepaart. Wendig flutschend paaren sich Atome, Oktopussies, Schlangensterne? Symbolisch ausgelutscht für die neugewonnene, oder noch zu erkämpfende Freiheit. MAN hofft von Pornos als höchste intellektuelle Lust zu sprechen. Geruchs- und Tastsinn, eher ungern aktiviert, sind hier nicht, gefragt: ‚Lässt dein süßer Geruch aus Schweiß und Shampoo mir den besten Willen? Lässt er mir Raum zum ruhigen Atmen und flüstert mir mahnend, dir den deinen auch zu lassen? Fragt er mich, was sollst du tun?‘ Riechen und Zucken ist eins, eins ist Sehen und Denken. Der Akt dagegen, der sich in Machtgefällen, Gewalt, wirklicher Gefahr (körperlich, siehe alles außer BDSM, und psychisch, siehe Bataille) realisiert, materiell so verschrien, dabei sprachlich mit (Dis)Kurs auf völlige Erschöpfung hin beschrieben, und theoretisch vielerseits eingeholt. Ist doch nichts dagegen! Liest MAN die Zeit kann MAN Gefallen daran finden, Pornos das Vorbild, als Eigentliches und überhaupt als (platonische, sehr platonische) Idee zu erleben, von der zwischenkörperliche Erfahrungen, die nach Schweiß und Wichse riechen, die Cellulitebeulen ent-decken, die Erfüllung von Ängsten und Begierden in manchem Fall sogar bedeuten, Erscheinungen darstellen: die Reihe Einzelna, deren jedes nicht vollkommen sein kann. – Aber all die Dates?
Mit der App so leicht führt kein Weg mehr dran vorbei. Dann macht MAN sich halt frei, aber ‚Gott‘ sei Dank passiert das nicht so schnell, denn überstürztes Verlangen duftet weit, weit vom Display, ganz fasrige und blasse Erinnerung, es hat, wenn MAN sich recht erinnert, ziemlich viel an Kraft gekostet, es gab da Demütigung und Schmerz. „Keine Haltung, keine Pose, keine Stellung, diese schmerzt. Ich hechle, die Tränen hier zu halten, und blinzle nicht.“ Kein Grund zur Beunruhigung. MAN atmet durch und spürt: wie smart, wie glatt liegt SIE noch immer in der Hand. Die Andere: wie smart und glatt, wie schmiegsam liegt SIE in der Hand und der leichte, wie vorgetäuschte Widerstand, wenn MAN den Deckel mit dem Daumen aufschiebt: ganz sanft, MAN braucht kaum Kraft. Magnetisch! Beide am vorherbestimmten Platz, so symmetrisch (es ist gottgewollt), gehalten, aber vorsichtig!, langsam!, SIE könnten rausfallen, die natürliche Grobheit fettigen Fleisches spürt, wie verletzlich SIE ist. Dieselbe Brise streift das unbehaarte Gehäuse, die auch das Nackenhaar grad kitzelt. MAN durchlebt eine 25 Sekunden Ekstase mit den Airpods, enthüllt ihre zarten akkustischen Organe, und lässt sie gleich danach schon abwesend in die Jackentasche gleiten – vorsichtig noch immer, ja, aber in Gedanken nur noch an den hohen Preis! MAN betatscht sie und fettig bleiben Fingerprints auf unendlich feinen, zarten Rillen, auf den von Folie freigemachten Displays, MAN benutzt sie. – Und was heißt hier platonisch?
Heißt von der Idee besessen, wenig Sex und wenig Essen, heißt zu wissen a priori, dass Kosten unerträglich ist, und eklig. Schopenhauer lässt erst das Herz des Genießers die geniale Idee vollenden, wenn es flüstert ‚Ja, das war es.‘. Der Konsument trägt die Ehrfurcht an den Creator heran, der die Übertretung nicht nur andeutet, sondern durch und durchspielt. Sein ‚Ding‘ steckt er damit, dass er statt jedem krummen Einzelnen als dessen aalglatte Idee sich anbietet, gleichsam der erst halb entkleideten Natur schon, während sie noch stammelt: ‚Rein!‘ Sein ist „die Schönheit der Form, welche ihr in tausend Versuchen mißlingt“, die er der Kamera hart wie Marmor aufdrückt, „sie der Natur gegenüber stellt, ihr gleichsam zurufend:“ ‚Das war es, was du zeigen wolltest!‘. (WWV I, 262) Und was wir sehen wollen, allein zuhause, sicher verwahrt. Also: Feed sharing is caring, greets vom Creator, er zeugt die Zukunft nicht in Babies, sondern – interfacially tanscendent?
Und ja, von Schopenhauer weiß MAN ist zu träge zwar, um Lust zu finden, einen solchen zu besteigen, kann aber doch am Fuß des Regenbogens angekommen sein: Server erlauben zwischen ‚Ich‘ und ‚Ich‘ zu wechseln, beide vom selben Stern, vom selben Schreibtischstuhl und die Pop-ups dazwischen – die reinste Freakshow! Ist es Werbung, politischer Content?

„Klicken Sie und lesen Sie! Im Namen unserer geteilten Zukunft, geteilten Vergangenheit, poppe ich hier vor Ihnen auf, um völlig offen zu sprechen!
‚Gibt es Liebe?‘ Und, kann man genauso fragen: ‚Gibt es Sex‘? Gerade auf der Schwelle zum Zeitalter der standardmäßigen künstlichen Befruchtungen, wieso sollte es ihn geben? Und schließlich: ‚Wer fickt?‘ Zwei Jahre lang haben wir uns, nach dem ersten Schock [Jetzt Traumhotel in Italien buchen], mehr oder weniger widerstandslos dem Gedanken genähert, es möge nicht das Ende der Welt sein, auf Körperkontakt verzichten zu müssen. Die Angst, sich und vor allem geliebte Andere in den Tod zu küssen und die soziale Verantwortung, die damit einem jedem zum Schutz Unschuldiger auferlegt worden war, führte manchenfalls sogar dazu, auf Körperkontakt verzichten zu wollen. Zumal dieser Kontakt wesenhaft schmerzvoll, reizüberflutend, grenzüberschreitend ist. Mit Körpern in Kontakt zu kommen, ermöglicht Herrschaft und Hierarchie, gewalttätige Dominanz. Körper sind nicht gleich, weder ihrer inneren Organisation, noch ihrer äußeren Erscheinung nach, und dieser Ungleichheit sind wir, insofern wir an unsere Körper gefesselt sind, unterworfen. [Zum Artikel. Lesezeit 2 min.] Artaud drückt in rohen Worten das Unbehagen aus, mit dem wir unsere Fesseln zunehmend tragen. Seine gewaltige Fantasie unterstreicht, dass wir, solange unsere Körper unterworfen sind, als Ganze unterworfen sind, und seine Aggression ist Resultat einer verzweifelten, schwachen Position. In dieser Position sind wir als Gesellschaft und auch als Einzelne gehindert in jedem demokratischen Bestreben. Wie kann unter solchen Bedingungen materieller Ungleichheit GG Artikel 3, P. 1 gelten? Wie quälend und erfolglos der jahrhundertealte Versuch, demokratische Gleichheit anders als körperlich zu begreifen! Chancengleichheit? Meinungsfreiheit? Nimmt man, mit Foucault, drei ausschließende Faktoren an, die den Diskurs regulieren, spricht man von Körpern, die anderen Körpern den Zugang zu einem idealdemokratischen Diskurs verstellen, die im Weg des einen und anderen wellenbrechend herumstehen. Will denn keiner die hart erkämpfte Freiheit unserer Emanzipation von maroden Hierarchien, struktureller Diskriminierung und spießigen Tabus voll auskosten? Und endlich die Frage ‚Wer bin ich?’/ ‚Was will ich?‘ vollständig von der Frage ‚Wer fickt mich?‘ ablösen? Dies wird uns nie möglich sein, solange wir das Geschlecht weiterhin Ausgangspunkt unserer Suche nach ‚Ich selbst‘ sein lassen. Bis hierher sind wir nicht emanzipiert. Ich frage Sie: Warum das Geschlecht operieren, anstatt es zu negieren?
Wir sind ja weit gekommen und ahnen, was ‚Ich‘ ohne ‚muss‘ bedeuten könnte! Und ‚Du sollst‘ ohne ‚für mich‘! Bevorzugen wir eine progressive Zukunftsplanung und, für unsere Selbstüberwindung und Weiterentwicklung, eine ausgeglichenere Perspektive aufs Jetzt, sollten wir statt einer gegen den eigenen Körper gerichteten Zerstörungswut nachzugeben, eher positiven Beispielen folgend und affirmativ operieren, in Sprechen/Denken und Handeln. Haben sie schonmal einen Porno angesehen, ohne dabei zu ma


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– Und was? „Ich meine … was machen wir jetzt?
Wir sind schon am Machen, das ist es … wir sind schon voll in der Aktion!“ Stehen auf, bleiben at Home Office, bestellen Essen, schlafen, stehen wieder auf, bleiben at Home. Minimal mögliche Auslastung des Körpers, absolute Priorisierung visueller Reize. Das hat MAN nicht frei gewählt, dies vergeistigte Leben! Empört ruft MAN: „Ich bin nicht einfach eine kluge Maschine!“, nur umgeben von ihnen, unter gegebenen Umständen ist MAN also das, was inferiore heißt. Der inferiore Ekel dem Geruch von Krusten, Haaren an bestimmten Stellen, von Ohren, Piercings, Händen, und natürlich, ganz natürlich, dem unbedeckten Geschlecht gegenüber. Haarwuchs war in vielen Epochen, und so auch wieder in den 2000ern, streng sanktioniert, idealerweise Marmor, auch für Männer. Dem Michelangelo, seinem Gotte, flüsterte David damals großen Dank: ‚Es fühlt sich so ganz anders an, wenn einer meinen glatt rasierten Schenkel streift, als wenn dort Krausehaare sind!‘ Inzwischen ist MAN aus den Fängen von Enthaarungscreme und Rasierpickeln befreit, MAN muss jedem Haar mit Toleranz begegnen, nur, dazu ist MAN nicht bereit! Und Ekel macht im Stillen sich doch breit. MAN spürt sehr wohl, der Ekel steht Emanzipierten, Toleranten nicht gerade gut zu Gesicht. Er ist Schwäche und resultiert aus Schwäche. Maschinen riechen nicht, – und Götter?
Riechen nicht, riechen nicht, sind unempfindlich und kennen nicht das Wort ‚Abjekt‘. Alles ist verwertbar, und MAN kann eine wertvolle Scheibe abschneiden. Wo MAN in sinnlicher Wahrnehmung lebt, prekär lebt, Umweltreizen hilflos ausgesetzt und Affekten unterworfen, da lieben die Maschinen und – die Avatare, viel nüchterner als MAN selbst, so gar nicht blau. Die freie Liebe ist viel freier, wenn weniger fleischlich, je intelligibler desto heißer, und so weilt MAN unschlüssig an der Pforte zur heilenden virtuell realen Welt, ähnlich dem Kinde, das andere beim Spielen gerne sieht. Hinter vorgehaltener Hand zischt MAN: Alles ist Körper, Nichts ist Geist! Und unterschreibt die rückständige Einfalt wohlgenährter Konsumenten, anrüchiger Herrenwitze, behaarter Primaten. Und aus der Einfalt heraus, wer bewundert SIE nicht, die Glätte des Iphonerückens, gerade aus dem Ei gepellt. Wen schmerzt es nicht, der erste Kratzer, mehr als am eig’nen Leib! Vergessen in Stumpfsinn, dass SIE solchen Schmerz nicht kennt. Und nicht weiß – wo MAN endet und SIE beginnt?
Ein Schwanz oder ein Dildo, Plastik. Ein Totes, Stück der Zuneigung. Lebendig, ins Leben gerufen, erweckt von Blut und Kreisen. Als Preciado sagte, Der Penis macht den Dildo nach, war das keine provokante Neuigkeit, sondern ein Auf der Stelle steif geworden. ‚Wir müssen priorisiert daran arbeiten, die Frage nach Geschlecht von der nach Identität zu trennen!‘, sagt MAN, aber tut es nicht. MAN fragt also ‚Wer bist du?‘ und antwortet nicht – ‚Klitoral‘, ‚Nippel knabbern‘; ‚Wer bist du?‘ und antwortet nicht ‚Dein‘. ‚Ich liebe sie‘, aus der Küche kommt kein Klirren, kommt kein Köcheln. MAN überwindet das Geschlecht nicht, solange MAN dran rumbastelt, und Ausgangspunkt für Persönlichkeitsentwicklung es sein belässt. ‚Ich bin so viel mehr als das!‘ ‚Endlich eingegriffen, so beginnt mein Weg zu wirklich Ich.‘ ‚Ich bin nicht mein Penis?‘, flüstert Mann erstaunt, ein Raunen, – hat er wirklich einen?
„Es geht nicht in erster Linie um das Geschlecht oder den After, die übrigens abgeschnitten und liquidiert werden müssen, sondern um Oberschenkel,
Hüften,
Lenden,
um den ganzen geschlechtslosen Bauch,
und den Nabel.“, so besingt Artaud seine wirklich wahnsinnig emanzipierte Kunst des Liebens. Man kann hinzufügen ‚…slosen Bauch (um den ein Silikon-Dildo geschnallt werden muss), und d…‘. Damit befindet MAN sich, mit Preciado und dem aktuellen Diskurs, im anrüchigen Dunstkreis der Geschlechterfrage. MAN denke jetzt nicht an r. E., und so auch hier: ‚Geschlecht und After‘ sind immer noch der Ausgangspunkt. Die rohe Gewalt von Abschnitt und Liquidierung ist ein Eingeständnis ihrer furchteinflößenden Macht. Ganz Herr über das Menschlein. Ihre Überwindung kostet MAN. Und Überwindung – ist doch immer ‚Verlust des Normalen‘? So haben sie gesagt, dabei ist gerade das Normale in Quarantäne, Maske, Sozialer Distanz auf die Spitzen potenziert, ein alter Ekel aus der Latenz geholt. Im Stillen liebt MAN wohl, es nicht zu müssen! Das Umarmen, das Rausgehen, den Andern riechen. Laut dem Physiker Feynman gibt es keine Umrisslinie. Er schreibt, MAN solle sich bewusst machen, darüber sich verwundern, dass Dinge(r) nicht mit einem schwarzen Strich umrandet sind. Das sei nur, wie MAN malt. Wie manche malen, wie MAN malen lernt. Physikalisch aber, und mikrosk-optisch, gibt es keine solche Linie. Woher soll MAN dann wissen, Baby, wissen, wo MAN aufhört? Welcher Linie gibt MAN das Recht, von Schmerz zu sprechen? Welcher gibt MAN das Recht von Ich zu sprechen?

‚Ein Geruch ist es, der mir die Nasenscheidewand zermartert, der Versuch, was mir schon hinten auf die Zunge sickert, nur noch einmal hochzuholen.‘

Trotzdem alles Körper ist, spielt das Lieben also den Geist. In seinem Namen schreibt MAN gerade jetzt, statt warme Nähe, statt bergende Achselhöhlen und raues Haar zu suchen, statt zu versuchen, ruhig zu atmen, nichts zu sagen. Als Sprechende tut MAN wohl daran, die unsagbaren Körper Anteile im Miteinander zu verringern. Sagen macht froh, Infos füttern, teilen, feed sharing is caring, was MAN aber nicht teilen kann bleibt dunkel, unbewusst zurück. Lichtbringende Metaphern stützen sich aufs Sehen, Gerüche bleiben sprachlich unerwünscht, unbefriedigend, und traurig wird MAN beim Versuch, mit geschlossenen Augen von ‚deinem‘ Schweiß zu sprechen. Also Augen auf, pick your Server, Poison, Chatmate. Und wenn’s ein Bot ist, welche Ehre!