VITALITÄT VERKAUFEN: Später komme ich zu den Dingen, die man von mir, einem Nachwort, erwartet. Die Peitsche meines Setzers schlägt ruckartig links und rechts von mir ein, trifft mich also nicht; tut mir leid, Anton. Allem Trotz zum Trotz ist es der zweite Versuch. Bereits beim Ersten saß ich in einer nicht näher genannten Kneipe und imaginierte. Der Erste war ihm, meinem Setzer, zu brav, er hatte etwas mehr „in die Fresse“ erwartet.
Beiden Versuchen wohnt inne: Energie, eher Vitalität, zu verkaufen. Vitalität als Ware, welche man sein gesamtes Leben feilbietet.
SEID GEFICKT!, waren die ersten Grüße, die mir daher kamen. Fühlen Sie sich bitte so, denn ich darf wohl davon ausgehen, das Leben macht auch vor Ihnen nicht Halt. Ist das genug in die Fresse?
Sehen Sie, werte Leser*in, Energie, Vitalität, hin oder her, der Ton ist es, der Ton, die Saite, die schwingt. Ich weiß nicht, welchen ich spielen soll. KLW. Haben wir Topffrisuren? Kahle Schädel? Reden wir Ihnen gut zu? Oder schreien wir, speien Ihnen ins Gesicht? Gift, Lava, Glitter?
In meinem Kopf steht eine bürgerliche Familie. Sie wendet sich ab. Sie benutzen keine Schimpfworte – habe ich Verlustängste, bezogen auf etwaige Klientel? Angst davor mich anzubiedern? Wenn Sie gehen, gehen Sie. Wenn Sie bleiben, bleiben Sie. Wenn sie gehen, gehen sie. Wenn sie bleiben, bleiben sie.
Lassen Sie mich fragen: nach Ihrem Befinden. Weingeschwängert. Selig, bacchantisch, liegen wir uns in den Armen und ich frage, der rote Weinnebel kriecht aus meinem Maul, ob Sie es geschafft haben.
„Was?“, fragen Sie. „Bis zur letzten Zeile …?“
„Nein, nö, ach nein, Mamadovs ‚schlechte Lyrik‘ gab mir den Rest!“
Eine andere Leser*in, mustergültig: „Habe ich, bis zum Schluss, ja, geschafft. Anton Maria Mosers ‚Der Mops‘.“ Und sie fiel tot um. Leser-Nachwort-Fusion. Ein mehr als würdiger Abgang, die Kür wie man so sagt. Ich verstecke mich nicht.
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Vielleicht ist die Erwartung erfüllt?
(Mir geht jetzt auch der Platz aus.) Dank an Anna für verführerische Kekse. Dank an Luis für den Kameraverleih.
„wir erloeschen auf parkbaenken mit konturlosem gesicht“ – Nora Hofmann