Vollgesprayte Lärmschutzwände, sehen bei der Vorüberfahrt aus wie der Jupiter. Geräuschlos: Der Kaffee auf dem Herd. Im Espressokocher. Bialetti um genau zu sein. Auch wenn es per Definition kein Espresso ist. Erst bei so und so viel Bar Druck. Die zuschaltbare Kochzone bleibt aus. Ich schaue zu, wie der dickflüssig anmutende, braune Saft sich seinen Weg langsam vom Heißwasser im Kessel in die Kanne bahnt, runterrinnt wie Magma. Draußen: Die verwahrloste Musik der vorbeifahrenden Autos, zwischen zweimal leise und einmal laut: Urbaner Dopplereffekt. Vergangenheit, Gegenwart, Zukunft, völlig unnütze, großgeschwafelte, nicht greifbare Worte, leicht erklärt und damit dem allgemeinen Sprachgebrauch preisgegeben. Wie Erwartungen, emotionale, undefinierte Zielsetzungen, ein safe space in Fremdkörpern, die Unbeständigkeit in Theorie, nichts wurde durchlebt. Die nächste Seite ist weiß und ich muss diesen Satz schreiben, damit sie es nicht mehr ist. Die Bedeutung von etwas war noch nie Spitze des Pfeils, welche immer zuerst trifft. Das Große als Illusion: ein romantischer Flickenteppich, der Fanta Korn unter den Illusionen, zusammengepanscht, wie diese 169 Wörter – vorläufig. Fetzen. Fetzen. Fetzen.

Es ist noch was zu tun, bevor ich das Außen betreten kann. Schwitzend betrachte ich nackte Haut, geöffnete Fenster durch aufgeheizte Gardinen wieder verschlossen. „California Suns“ rotzen Hitze ins Gesicht, die Luft fühlt sich an, als hätte sie Knochen: Splitter, angeschwollene Knöchel, geöffnete Mäuler, um besser atmen zu können und die Jugend, die gegen Stromkästen boxt. Ich nehme an, junges Alter muss so wütend sein, so physisch sein. Überall Körper, Körper, hier sind überall Körper, die Blicke fressen/nicht haptischer Fraß – Blicke wie Marktschreier, die dir verführerische Angebote, von Dingen du nicht brauchst, ins Gesicht bellen. Dass du unbedingt schön sein willst, dass du ficken willst. Fick dich, Schönheit: Die Stromkästen geben nicht nach und es ist sehr wichtig, dass sie es nicht tun.

Faltige Haut wie zerknülltes Papier, Tätowierungen wie angetrocknete Stempel. Eine Straße weiter, ein Gespräch: Grafikdesigner, angehender Drehbuchautor, Büro Mülheimer Hafen, porenfreie, rosigbraun ausgeleuchtete Haut, nahezu perfekt rasierte Glatze, poliert, leicht strubbeliger aber gleichzeitig peinlich gepflegter Vollbart, Ace&Tate Brille, das graue T-Shirt mit one line Art Aufdruck über der linken Brust, in die marineblaue kurze Sporthose gesteckt, Birkenstocks: Ein hechelndes Konstrukt, wie eine süffisant grinsende Leerstelle. „Die Schreiberei läuft langsam an.“ Referenzen, Referenzen („Everything ist 3D blasphemy“ »Slipknot«). Der Geschmack von Metall macht sich breit, Druck zwischen den Kiefern, wie beim Zerbeißen von Aluminium, Kupfer, Zink, Zinn, doch es gibt nicht nach, genau wie die Wut (Stromkästen): Sie ist da, immer wieder, eruptiert unter Fingernägeln, in Zahnwurzeln, verhärtetes Gewebe wie Schwielen, Wurzeln, die sich durch den Asphalt pressen: Tropische Strände. Reisebüros. „Chasing moments, hoping they invoke hits; hope is all you‘ve got.“ »Drug Church«.

7 Nächte, All in, Coco de Mer Hotel, Black Parrot Suites: 1441€. Einrichtung: Steinzeugfliesen in Marmoroptik, weiße Raufaser, Poster wie Simulationen von Blicken aus dem Fenster, Freischwinger, Kullis in Gitterbechern, Pappaufsteller, die von den Mitarbeiter:innen kaum zu unterscheiden sind. Das Poster macht die Nacktheit nicht angezogener und die Kargheit ist Minimalismus mit negativer Konnotation. Ich weiß nicht, wann es zuletzt still gewesen ist auf den Straßen, in den Ruinen: Abgehangene Decken im Altbau für 1600€/70qm, vollgepisste Kaufland-Prospekte vor der Tür inklusive, zwei von acht Briefkästen aufgebrochen, aufgehebelt, wer weiß das schon. Mir kommt die Frage, warum Schuh- und Schlüsseldienst immer zusammen auftreten? Die Prospekte sind schuld an diesem Gedanken, bemühen sich aber keiner Antwort. 23Uhr14: immer noch 28°. Die Viertel auf dem Stadtplan sehen aus wie japanische Schriftzeichen: Ein willkürlich aneinandergeklatschter Haufen Straßen und verrotteter Alleen. Ein kulturell domestizierter Abfüllbetrieb. Bordsteine als die einzigen Siegertreppchen.
Unterdessen: Aufhebung des Verweilverbots am Brüsseler Platz, Mittelscheitel, Autry, Weinschorle in 0.33 Flaschen, Anstehen am Kiosk für 2.20€ Bier, als Revoluzzer Performance, billiger Dirty Techno, Parisienne, altdeutsche Vornamen: Kurt, Hubert, Ernst, Franz, Walter. Auch die Südstadt ist voll von Cafés mit solchen Namen. Es gibt für alles ein Konzept, es lässt sich alles zu einen Konzept zerquetschen, du musst es nur ganz besonders nicht-wollen. Die Bienen zur Blüte – Die Fliegen zur Scheiße.

„Why do people have to live outside? When there are buildings around us, with heat on and no one inside?“ »Chat Pile«. Ich bereue es fast schon, mich in die 15 Richtung Chlodwigplatz gesetzt zu haben. Der gestrige Sommer und seine Hitze hängen wie paralysiert in den Bauteilen der Bahn. Wie ins Glas einmassiert, ist die Scheibe aufgeheizt, der Plastik, das Knarzen des ewigen Zuspätkommens, die Wespe, die einen nicht in Ruhe lässt, die immer gleichen Häuserfassaden vor dem Gesicht, die immer gleichen Fressen, Altbau wechselt sich mit verbauter Nachkriegsarchitektur ab. Baulückenschließungen im Flickwerk in betongewordenen Provisorien für die Ewigkeit und Ewigkeiten, bedeuten selten etwas Gutes. Versifft gekachelte Wandverkleidungen rahmen leblose Brackwasser Schwimmbecken ein, neben abgekratzten Fassadenstuck: weg mit dem Alten, her mit dem Einfachen. Der Weg ohne Widerstand. Dinge nehmen und sie nicht ersetzen. Die Südstadt ist ein einziges strahlendes, selbstzufriedenes Lächeln hinter Sonnenbrillen.

(Nacht, Stadt) – deine Augenringe: Der Beweis dafür, dass du hier warst. Teure Klamotten aus billigem Stoff an vor sich hin vegetierenden Körpern: Camus und das Absurde.
Einsichten sind Handtuchhalter: „Die Stadt ist teuer, mein Lieber.“ Teure Seifen „Bergamotto di Calabria“ für die Psychohygiene. Ich habe sie selber in meiner Wohnung, sie war ein Geschenk und ich müsste lügen, wenn ich sage, sie würde nicht gut riechen. Jedoch können wir uns gegenseitig nur enttäuschen und das ist positiv, genau wie die alltäglichen, allgegenwärtigen Dinge, von denen ich keine scheiß Ahnung habe, wie sie überhaupt funktionieren. Das iPhone, Literatur, Autos, Oberleitungen, Dinge durchziehen. Tanz fehlerfrei, in Sicherheit. Gekritzelte Notizen, guter Rat ist Nostalgie und deine Erinnerung: dein Versagen, ein erneutes Sich-selbst-vor-Augen-führen.

Großstadt versetzt mich immer in eine Melancholie von Distanzen zwischen Menschen, horrenden Mieten, Puls in den Augen, geballten Fäusten, joggenden Bankern. Es weht kein Wind von links nach rechts, rechts nach links. Nur weiße Hitze drückt von oben nach unten. Mir ist aufgefallen, dass Augen seltener blinzeln, wenn sie auf Bildschirme gerichtet sind und dann das angetrocknete, gepresste, druckvolle Schließen um die wieder zu befeuchten. (: „Misstrauen“: in großen Lettern, auf einem Bildschirm. Es flackert noch nach, wie visuelle Sirenen, der Rettungswagen der sich gerade wieder entfernt.) Dort unten im U-Bahn Schacht, am Gleis, ist es still und wesentlich kühler als auf den Straßen Kölns. (wieder Linie 15 Ubierring): U-Bahn Haltestelle Rudolfplatz, die aussieht, wie ein brachliegendes Schwimmbadbecken. Orangene Hartschalensitze, Komplementärkontrast: Warum verstehen die Leute einfach nicht, dass die Fenster geschlossen bleiben müssen, damit die scheiß Klimaanlage in den Bahnen funktioniert (Komplementärkontrast!). Es sind Fragen wie diese, die sich in meinem Kopf verkrampfen wie Tackernadeln. Es gibt Dinge, die ändern sich nie. Die Pflastersteine machen ihren Job, die Hausnummern machen ihren Job, Brailleschrift auf Geländern macht ihren Job, Kioske machen ihren Job, Güterwagen machen ihren Job, Bürgersteige machen ihren Job, Ampeln machen ihren Job, meistens jedenfalls, Parkhäuser machen ihren Job, Haltestellen machen ihren Job, Masken machen ihren Job, jedenfalls für die Psyche, der Alkohol macht seinen Job und das sehr gut, Brücken machen ihren Job, der Sperrmüll macht seinen Job, Litfaßsäulen machen ihren Job, Straßen machen ihren Job, Reklametafeln machen ihren Job, der Gestank nach Ammoniak macht seinen Job und alle wissen, wie man existiert. Sie brauchen keine Gedanken, keine mentalen Mechanismen, um Erlebtes fernzuhalten. Sie sind so wundervoll reduziert, dass der Gedanke an sich überhaupt nicht nötig ist. Das Ding bzw. der Gegenstand und der Gedanke sind zwei Parallelen, die nicht zusammenlaufen dürfen, wie Zugschienen.

(:Parkuhren machen ihren Job, auch wenn man sie dazu zwingen muss, doch diese Worte machen ihren nicht.)

Und wieder Zeitverzug, Zeitverschwendung, Zeitverzögerungen: Irgendein verpräfixter Verlust in sich. Wärme, Glas, bitter old Queens in Rachenhöhlen, langsame Bewegung, wie ein Tanz in Butter, der Film Suspiria fällt mir ein, ein guter Film (:erinnere ich mich). Wiederholung: „Wiederholungen sind Finger in der Wunde“. Farben sind aus Erinnerung rekonstruiert und Menschen sind, glaube ich, da. Wie Kommata im Text. Ich kann meinen Kopf nicht heben. Nur ein Blau sehen, die Jauche ist billig, der Wille ist teuer. Wo einer ist, sind Viele: Monopoly. Nur dass die Wut keinen Plural hat, auch der Zorn nicht. Es ist immer am wärmsten in der Kühlschranktür. Bist du in der Kühlschranktür? Wie BBQ Sauce? Wie grobschlächtig ausgequetschte Tomatenmarktuben?

Ich hoffe immer, dass kein Wort kopiert ist; Solange ich Schlaf will, schlafe ich, denn solange ich Träume will, träume ich. Richtig gut drauf. Darauf, das die Welt anders ist. Haha. Als ob die Welt als Wort greifbarer wäre. Das Loch weiter weg und Dreck schmackhafter. Zeig mir das Lagerfeuer, gib mir doch etwas, dass ich betanzen kann.
Verschlagene Blicke im Seitenspiegel sind wie Theorie, nicht durchlebt, nur durchsiebt: Das, was übrig bleibt, ist der Moment, in dem einem alles egal ist. Mir ist nichts egal, dieses Wort ist eine artfremde Erfindung, wie Stillstand: ruhendes Gewässer, klares Wasser.

Halbhoch (:Gemessen an den Gebäuden, die die Hauptverkehrsader bewuchern) fliegen Tauben im begrenzten Raum auf Fluchtpunkte zu. Ohne die Hektik des Asphalts. Keine Suche nach Brot- oder Chipskrümeln zwischen Kippenfiltern und Kotze am Friesenplatz. Vorbei an Altbauten mit halb verwahrlosten Erkern und Balkonen, mit Säulen, wie klassizistische Mittelfinger. Ich muss mir immer vorstellen, wie ein Aristokrat oder Kleriker von diesen statischen, von Abgasen angefressenen Balkonen und völlig gesellschaftlich akzeptiert, irgendwelche Klagetiraden auf den Pöbel rhapsodiert.
Halte die Luft an beim Vorbeiziehen der anderen Passanten auf den gut 4-5 Meter breiten Bürgersteigen: halb Pflasterstein halb Gehwegplatten. Atme aus, wenn sich nach wenigen Metern, die Gerüche in der Luft verflüchtigt haben. Es sind nur wenige Schritte, irgendwann kommt das Gefühl dafür. Es ist eine Witterung: Kopfnote Erwartungen, Herznote Defensivmechanismus und der Basisnote gelbe Zähne. Durch die sich die freilaufenden Schaufensterpuppen selber belügen. Marschieren an mir vorbei, wie ein
geliebter Alptraum. Wie Fallobst: Ich falle gelassen, werde fallen gelassen.
Die abschüssigen Straßen der „Ringe“ hinunter. Ein Teufelskreis: jeden Tag aufs Neue. All diese Gerüche, verklumpen sich, mit Mehl angedickt in meiner Nase und ich bin jeden Abend damit beschäftigt diese räudigen Klumpen, wie eine Erkältung aus meiner Nase zu prokeln. Investiere Zeit vor dem Spiegel in diesem kleinen gefliesten Badezimmer meiner Ein-Raum- Wohnung. Wer bist du überhaupt? Geboren als handschriftliche Notiz, wie will man Individualität rechtfertigen, wenn man sich alle Mühe gibt, eines dieser Mannequins zu sein? Entliebt, hartschalig und abgeklemmt, berechenbar wie die Schufa.
Mir bleibt nur, die Gedanken aufzuschreiben, welche ich noch nicht gedacht habe, um irgendeine Form von Besonderheit vor mir selbst zu rechtfertigen. Unterhalten werden, statt zu unterhalten, weil man denkt, man hätte es verdient. Abgenutzte Erwartungen: Es wurde soviel investiert in die Reaktion anderer Leute, in Fischgrätparkett, in Meetings (diese widerliche Attitüde nicht abwarten zu können, um endlich zu erwähnen, dass man noch ein Meeting hat), in Uniformen, ins Ficken. Alles nur noch für Reaktion. Zirkus.
Dabei liegt alles brach: in Formen gepresste Plastiksplitter. Bücher werden nicht mehr gelesen, sondern drapiert, Musik nicht mehr gehört sondern verkümmert als Deko in Räumen, als das knittrige Winseln des Luftstoßes aus den Lautsprechern, nur noch ein Programm auf Computern das im Hintergrund läuft – wieder alles nur für die Reaktion.

(:zu sagen, dass wir alle individuell sind, macht uns nicht dazu. Das ist nichts, auf das man sich verlassen kann. Affirmationen sind nur die Feststellung, dass du von dir denkst, dass du eigentlich ein Stück Scheiße bist.)

Wir wählen aus einem Schaufensterscheißhaufen an kaufbaren Identitäten. Das vermeintlich Anti-kapitalistische kaufbar gemacht. Genial. Überdosen im Kölner Winter. Drei Grad und Regen/ schneidender Wind/ Seiltanz auf Fahrbahnmarkierungen.

Reisen per Zug: Es sind immer wieder die gleichen Sinneswahrnehmungen/ flachlandiges Phantomerlebnis. Die gleichen fassbaren Empfindungen, die gleichen Verklebungen, egal, was man anfasst, die gleichen Krümel in den Ritzen, die gleiche 90° Ergonomie der Sitze, die gleichen Fragen der Kontrolleure, der offensiv gelangweilten Reise- und Bordmagazine, die nur einer kurzen Bewegung als Antwort bedürfen – Automatismen erfordern keine Sprache – Züge dürfen nur so attraktiv sein, dass du froh bist, sie wieder verlassen zu können. Das Unterbewusstsein grätscht in die Sicht: erzählt mir, ich solle Landschaften schön finden (:diese Verlassenheit?), dass Bäume sich wegen der Hitze schon Mitte August für den Herbst entscheiden? Gespräche darüber, wie erstrebenswert es ist, sich über Geld, Beschäftigung, Musicalbesuche und hohe Ansprüche zu definieren: jedes Wort sollte Angst haben vor der Lebensweisheit, dem Klischee: Aus der Scheiße kommst du nicht mehr raus: Lebenslänglich verwesende Körper.

Ich frage nicht, wage es nicht, zu wissen, ausdruckslos wie Originale: error. Abgebrochene weiße Haare auf rotbrauner Haut, abseits des Kulturbetriebs: Urlaub wie Vegetation auf verbrannter Asche, 7000 Betten auf dem Weg nach Oslo und Wünsche, die selbiges Ziel haben in stotternden Äußerungen: „All I wanna do is dance!“ »Gorillaz«. Ich will sehen. Die Lichtleisten oberhalb der Sitze, welche ein kupferorangenes, warm ummantelndes Gefühl simulieren sollen, damit die Fahrgäste ebenso simuliert schlafen können. Wenn nur das sterile, zusammengerottete Weißlicht direkt daneben nicht wäre. Das Einatmen dauert länger. Piktogramme, Pfeile, daneben kurzer Text. Warnungen sind serifenlos: Die sichtbaren Farben würden braun ergeben. Ich habe gegoogelt, welche es sind. Es ist irrelevant. Stofffetzen: Gurte von Rucksäcken, Ärmel von Zippern, Hoodies hängen von der Ablage oberhalb der Köpfe, wie Arme eines Gefängnisinsassen, die durch die Gitterstäbe gesteckt sind und entsagend an ihnen herunterbaumeln: Dead Man Walking, [indistinguishable chattering]. Migräne wie Kopfsprünge in zu flaches Wasser.

Das Atmen geht weiter: zur Zeit ist jedes Wort heimatlos, ein beschissenes Hotelzimmer. Doch meine Müdigkeit macht mir meine Wut abspenstig. Ungerade Zahlen sitzen am Fenster. Ein Gefühl, wie leerstehende Lagerhallen. Die Scheibe zwischen mir und dem Außen bewirkt, dass ich es anstarren muss wie Tiere im Zoo. Was wäre, wenn ich mich selbst in den umnachtetem Landschaften plötzlich sehen würde? Auf den stillgelegten, jedoch beleuchteten Gleisen? Der Affe auf seinem Felsen. Betrachter und Betrachtetes. Hätte ich die gleichen Klamotten an? Keine Ahnung. Für das Thema Kopie bin ich definitiv zu müde. Richtung festgelegt. Es geht dort, hier, woanders lang. Der Zeigefinger deutet in Himmelsrichtungen, durch Kunststoff, durch Stahl, durch Körper. Wind: ablandig. Ankunft Köln Hbf.

Microfoam, flat white: Menschengewirr auf Fließbändern, ein weißer Wagen mit abgebrochenem Scheibenwischer an der Heckscheibe nimmt die Vorfahrt auf dem gefliesten Bürgersteig, siedende Wahrnehmung, Augen, die auf Augen treffen, dann Wegschauen, Geländewagen auf Pflasterstein, klingt wie Eier in kochendem Wasser, grell gehemmte Berührungsangst bei stammelndem Versuch die Liebe zu erklären: der Geruch das Gefühl, das Gefühl die Sicht, die Sicht auf zehrende, verblichene Bäume im Indian Summer. Super 2.12€, Verwahrlosung hat einen hohen Preis, Schatten. Knirschen. Gullideckel, Straßenlaternen bei 33°, Häuser als Trennwände, Einfahrten, vertrocknete Müllfetzen passen sich dem Laub an, 03. September 2022:

(:Karneval das nennen sie Kultur.)

Überall auf den Oberflächen, der pervertierte Versuch etwas zu hinterlassen: Sticker, Graffiti, Klebereste von Tesafilm, Spuckis, alle wollen sich dazwischen quetschen, um dabei zu sein, um gleichzeitig unterzugehen: 5 min Zollstock, falsche Bahn, Straßenecken, Ladezonen, Großstadt Köln, knappe Million, nachts 01:00-05:00 kein ÖPNV: Postmomentaner Feinschnitt, Bauschuttcontainer.

Trockene Haut; dieses sich immer wieder in gewisse Situationen bringen, um bestimmte Gefühle nochmal zu erleben. Lächeln wie Gitterzäune und wieder das Echo: immerwährende Kopien der Kopie – Vergessenheit. Sonntagmorgen: der Geruch von Teer. Rudolfplatz, Baustellenfahrzeug, gelesen: „Gegen soziale Kälte“, versiegende Gesichter, Tauben auf einem Obdachlosen. Sie sitzen auf seinen Knien, Bilder: Federn streichelnde Gottlosigkeit, verschweißte Stille.
Wir wachsen mit diesem Zauber auf. Restentleert, rabattiert, Taubenabwehr Spikes statt Zähne in der Fresse. Gedanken an Samsara: ich bin Linkshänder und Linkshänder packen sich mit links in den Schritt. „Kauf mich!“ Wenn du fragst, nenn‘ ich meinen Preis.

Die beobachtende Funktion – aus der Ferne: Sehe zu, wie die Bahn vorbeifährt/ Weiden West. Sie lässt mich keine Dreidimensionalität erkennen. Restaurants, Dönerläden, Büdchen, Kettenbäckereien, mich würde es nicht wundern, wenn sie diese Requisiten einfach beiseite tragen würden, und Puppen, die den Puppenspieler anstarren. Jede verfickte Nacht: jede*r hat in dieser Stadt scheinbar konstant etwas zu sagen, wie der Gestank nach Pisse, der im Hauptbahnhof konsequent in der gleichen Intensität aufrecht gehalten wird, wieder und wieder und wieder Automatismen, die keiner Sprache bedürfen; den Ring runter/Ehrenspalier. Fünf Fächerpalmen, winterhart, auf der Verkehrsinsel. Wirken in dieser Umgebung, an diesem Kreisel, auf der Bonner Hauptstraße schon fast wie Straßenschilder in Camouflage, billig drapiert, wie erzwungener Smalltalk. Leute bestellen ihren scheiß Kaffee in Stichpunkten und Befehlsform. Wofür wollt ihr Zeit sparen? WOFÜR wollt ihr alle Zeit sparen?

Sperrmüll dicht an die Wand gedrängt wie bei Regen.

Erinnere mich: Gehe durch Abwesenheiten, konstruiert, wie Nichtssagendes und die Angst auch nichtssagend zu sein: Plattitüden. Ich sehe die Abwesenheit an den Häuserwänden: Alles hat einen Namen? Rohschnitt: Aneinanderreihung von Bildern, Rohputz an den Wänden der Gedanken, das vorherbestimmte Nicht-Verstehen – Southsea Island, Fiji – oder das Drecksloch Kölner Hbf, 45° Winkel sind fucking kurz davor auszurasten. Die Wirkung ist eine Zwangshandlung, die Wut ihre Bestätigung. Siehe Samsara: Die Verblendung ist das Schwein. Welche Entscheidungen willst du nicht treffen? Frag dich das mal. Werbung für Dosenkaffee. „Das ist eine Insel. Die finden uns immer.“

Der Wahnsinn des Widerhalls. Das Echo ist in all seinen Varianten ein toxisch akustisches Phänomen. Die Gegenwart hat in der Zukunft nichts zu suchen, unser aller Existenz ist oder war jemandes Hölle: eng umschlungen, ineinander, doch beide starren ins Leere. Im selben Bett. Die Arroganz nicht hinzuschauen gepaart mit der Unsicherheit von nach innen zeigenden Füßen. Es wird geredet/Ressourcenverschwendung, als hätte jemand auf Aufnahme gedrückt: Lebendigkeit weicht einem vergärten Zustand. Situativer Brechreiz nach dem kontrastlosen Gerede, in sich nur auseinanderfließende Monologe und der Geruch nach versengten Haaren. Undurchsichtig wie ein Abtropfsieb, Überraschungseier sind Vollmilchschokoladenhohlkörper: Das Servicepersonal des Cafés entschuldigt sich für mittelmäßigen Hochbetrieb, leere Bewegungen, Blicke, durchlöchertes Laminat, als würde sich etwas anderes darunter verbergen, als Beton und Grundbesitz anderer, die grundsätzliche Entscheidungen fürs Gegenteil. Ansichtsexemplare von spiritueller Pappkartonliteratur, anmutig positioniert wie Kantinen in Möbelhäusern: Philosophische Bedeutung des „woanders“ und schlecht gealterte Diagnosen auf zwei verreckten Beinen. Alles beginnt mit Verneinung: da stimme ich überein.

Ich wache auf: leergesaugte Kippenstummel, Säbelzahntiger in Ruinen, rechteckige Geräusche ebben ab und fluten, wie die Gezeiten und ist das, was ich hier Schlaf nennen muss: stummes Hundebellen, in Sachbüchern. Stampfender, maschineller Schichtwechsel, Altglaspragmatik: die Straßen im Stadtbetrieb voll ungewollter Dinge, dampfendes Körpergewicht wälzt sich in Nasen, verkohlte Wiesen wehren sich gegen die Formlosigkeit, Stadtranderholung innerhalb der gebleichten Grasnarben.
AC AB, Aachener KFZ-Kennzeichen/Neumarkt: Kippen stopfen vorm „five guys“/ Pall Mall Gigabox 245g für’n schmalen Taler. Alles wird in die gleichen komatöse Routine gerissen. Ich wundere mich, dass die Tauben in den Unterführungen mich noch nie angeschissen haben. „Elektrizität!“ Keine Ahnung, was das überhaupt ist. „Outsider Pop ist Übersetzung.“, Monty Python Abspann, Menschentrauben auf Gehwegen, gleich kommt der Bus, um sie abzuholen.

Hier ist alles so nah aneinander, dass es sinnlos erscheint, jedem einzelnen Teil einen Namen zu geben. Eine verklebte Masse/ Routine erinnert sich an nichts. Die Fahrbahn des Karolingerring erinnert mich an nichts, der verlassene Müll erinnert mich an nichts, die Namen auf dem Klingelschildern erinnern mich an nichts, Reinigungsfahrzeuge der AWB Köln erinnern mich an nichts, das Hahnentor erinnert mich an nichts, verpasse knapp die Linie 12, welche ich auf halber Strecke eh hätte wieder verlassen müssen: Eifelstraße.
Schriftliche Notiz: tote Pflanzen/ es gab einmal mal jemanden, der sich kümmern musste, wie Venen in Schwarzlichttoiletten.
Neonschrift in bodenlosen Pfützen/ reich genug für Geduld: „Ice cream solves everything.“ Es ist nicht verifizierbar, ob das hier schon einmal geschrieben wurde, und warum sollte ich den Postboten mit Prinzipien langweilen, wenn ich sie trinkgeldartig abwerfe. Abfallbehälter entleert, Kartonagen zerkleinert, die Existenz von Flüssigkeiten leugne ich nicht. Existenz in Flüssigkeit/„Fanta Korn!“: ausgesetzte Depression, Installation von Gedanken vom Anfang, in sich nicht fortbewegenden Wolken (NOPE), ejakulierende Bildschirme, vom Himmel verschwendetes Grau, grobkörnig gemahlen, 42g auf den 3/4 Liter Wasser, gefleckte Erinnerungen sind wieder da. Der Dreck liegt brach im Schatten, neben engmaschigen Licht: Mit der Stabilität von Pressspanplatten/ Witterung an geöffneten Gitterstäben/„ist natürlich kein Problem!“/doch gerade die Natürlichkeit birgt das Problem (und wieder: Wiederholungen sind der Finger in der Wunde). Schwaden von Müllgestank/Brennnessel zwischen Panzerketten/Lo-Fi. Verbrühte Haut und chemischer Juckreiz.
Ich fühle mich wie Ikea Korkuntersetzer.

Miniaturen: schwankende, schwitzende Größenverhältnisse, sechs- bis achtstellig, versilbertes Fieber: der medizinische Begriff für Stacheldraht./ Es wird sich gewundert: Dinge, die angeblich anders waren, doch niemand fragt nach – denn die Antwort welkt unterbewusst in den Köpfen vor sich hin. Traum/wach Metamorphosen: Der Verwandlung stehe ich indes kritisch gegenüber. Nachtaufnahme/Reden im Schlaf: Nachts ist die Stadt orange. Abstrakte Farbgebungen verweigern sich ihrer Beispiele, in geometrischen Formen aus Licht – sichtbarer Ordnung. Datumslose Erinnerung/„old data in a dead machine“ »vein.fm«:
Taktloser, verregneter Wintermorgen: drei bis vier Grad, maximal.
Einer dieser Morgen an dem ich zu früh wach werde. Monoton routinierter Regen, entjungfert das anthrazit orangefarbene Licht, wie ein scheiß Mittelfinger. Der noch schlecht verdrahtete Blick aus dem Fenster lässt keine Schätzung der Uhrzeit zu. Wie das Testbild mit dem verdammten Tinnitus Dauerton – Volume acht – als wäre ich vor dem Fernseher eingeschlafen.
Ich sehe nichts, nichts was mich zum Nachdenken anregt und doch alles. Es sind die Gedanken, wie gedämpfte Verkehrsgeräusche, sie verschwinden im Hintergrund, weil sich etwas vermeintlich Wichtigeres aufdrängt, als Lebendiges getarnt. Gestauchte Notizen, wie das Ende der letzten Zeile, auf der Suche nach Auswegen, Fortführungen oder eine Gabelung die mir die Illusion von einer Wahl lässt. Ich weiß genau, was mich erwartet, wenn ich aufstehe und heute wird ein Scheiß anders sein. Keine Wendung im ersten Akt.
Ein schmaler, gerader Schimmer, unter der Tür, wie ein Strich mit einem Pinsel, dem die Farbe ausgeht, erhellt schwach das verdunkelte Zimmer. Jeden Morgen ist es das Gleiche zu dieser Jahreszeit. Diese Verdüsterung durch die Straßenlaternen und die konsistente Kälte sobald ich aufstehe. Nachts ist die Stadt orange.

Gegenwart, 06:04: Reinigungsfahrzeuge, Wegwerfkulissen/ akustische Blinkersetzung/ Poller und Absperrpfosten, rauf und runter, wie zahnende Straßen/ abgewetzte, gewöhnliche Zwecke, wie Amateurpornos, Pfand neben Mülltonnen: ausgewogener Alltagsaltruismus „(G)litter!“/ vom Hunger zu Fütterung. Der Wachzustand kommt mir vor wie abgefangen, erwischt, zuvor entglitten, was die Bedeutung einst war: Ein vergangener Zustand von dem das Wort, in der Gegenwart nichts mehr wissen will. Kunst, Kunst ist Petersilie/ in Setzkästen auf verklausulierten Balkonen/ scheiß gruselige Schaufensterpuppen/ „please don‘t write upward“: Damit lass ich mich hier stehen. Zertretene Glasscherben verkeilen sich im Schuhprofil/ ein staubiger angetrockneter Haufen Scheiße, unter den Fenstern der Engelbertstraße 55/ abgeblätterte Straßenmarkierungen, wie kalbende Gletscher. Prioritäten der Farben sind wie verschoben, kümmern sich mehr um die Dingwelt, Sachbezug. Alles was öffentlich zur Verfügung gestellt wird, für das Gemeinwohl, wird ramponiert, zerstört in den Rhein geschmissen, vollgekotzt. Die Wut.

Um diese Uhrzeit erzwingen die Schaufenster Blicke: entkoffeinierte, urbane Persönlichkeiten./ Endlich mal Leute, die die Schnauze halten, während sie sich unterhalten. Es wird kälter: Der Wind bricht Schneisen in die elastischen Lufträume/ verwachsene, fabrikartige, gedachte Mehrzweckhallen sind auch nur Ausreden/ unterbrochen, kein Ausreden: Hinter der Haut sind Totenköpfe gefolgt von besitzloser Stille, als Ergebnis. Gespräche verenden in oberflächlichem Vokaltourismus. Ich senke meinen Kopf, meinen Körper, wie der versiffte Spüllappen über dem Grünspan Wasserhahn. Die Luftaufnahme: zerkaut knirschend die Umgebung. Ist diese besitzlose Stille immer das Ergebnis von Sprache?